Mittwoch, 8. März 2017

Weiberkram

Weltfrauentag. Schon wieder. Schon wieder die "Buhuhuuuuu, Frauen verdienen viel weniger, sind viel ärmer und überhaupt sowieso voll die Opfer." Die Medien sind voll davon. Liest das noch jemand? Ich meine: Der dreimillionste Artikel über die gläserne Decke? Alleinerzieherinnen sind am häufigsten armutsgefährdet? Über Misshandlungen, Missbrauch, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und Vergewaltigungen schreibt man an dem Tag gar nix mehr. Weil - wiss ma jo eh. Is hoid so.
Jepp. Is hoid so. Meine Damen - jetzt frag ich euch mal:
Wie kann es sein, dass am 106. Weltfrauentag noch immer nur darüber berichtet wird. Wie kann es sein, dass es noch immer nicht selbstverständlich ist, dass Frau und Mann gleich viel verdienen, in den selben Branchen tätig sind, die Erziehung Eltern- und nicht Frauensache ist? - Ganz einfach.
Das kann deshalb sein, weil ihr selbst aufgehört habt, Feministinnen zu sein.



  • Weil ihr blau wählt. BLAU. Seid ihr bescheuert?? - Frauenhäuser wollen die schließen. Und Kinderbetreuung brauchen die auch nicht, weil die Frau eh daheim ist. Zurück zur Mutter-Vater-Kind-Familie. Noch mal: BLAU. Seid ihr bescheuert?
  • Weil ihr nicht gendert. Weil ein Binnen-I oder die Bezeichnung beider Geschlechter in einem Fließtext mühsam sind. Zu viel Aufwand. Liest sich nicht gut. Ist eh jedeR gemeint. Ja. Genau. jedeR. Also ich halt dann nicht. Und du, liebe Leserin auch nicht. Und die anderen Frauen auch nicht. Aber hey - es liest sich halt besser.
  • Weil ihr keine Töchter in der Hymne wollt. Weil nur Männer in Österreich etwas geschaffen haben. Ja genau. Bertha von Suttner - wer? Marie von Ebner-Eschenbach - aha. Maria Theresia - war das nicht die...? Die großartige Hedy Lamarr. Gut, sind ja auch schon lange tot. Aber die hier nicht: Christine Nöstlinger. Elfriede Jelinek. Ingeborg Bachmann. Antonia Rados. - wuascht. Sportlerinnen? Gerlinde Kaltenbrunner. Anna Veith. .... Keine Töchter. Stimmt. Umtexten ist also für'n Hugo. Und außerdem zu anstrengend.
  • Weil ihr über die andere sprecht. Hinter ihrem Rücken. Weil sie ihr Kind nach einem Jahr in die KITA gibt. Weil sie es so will - oder nicht anders kann. Weil sie sich fortbilden will und deshalb noch einmal ein Studium beginnt. Das geht doch nicht. Wie soll denn das gehen? Das arme Kind. Da brauch ich doch kein Kind, wenn ich nicht 24/7 auf das Kind aufpassen will. Gut, 24/7 jetzt nicht. Man muss ja auf einen Café Latte gehen. Ohne Kind. Damit man mit der Freundin besser über die eine Bekannte reden kann, die tatsächlich schon wieder arbeiten geht.
  • Weil es euch stört, dass gegenüber in einem Café die Mama ihr Baby stillt. Titten raus. Einfach so. Hallo? - Kannst ned machen. Sollen daheim bleiben bei ihren scheiß Kindern.
  • Weil ihr nicht auf Demos geht. One Billion Rising. Wozu? Dir gehts ja gut. Brauchst ja nicht. Ist eh wuascht. Verdienst, was du verdienen willst. 
  • Weil du dich damit abgefunden hast, daheim zu sein. Der Mann arbeitet. Verdient ja auch viel besser. Wäre ja blöd, die Karenz anders aufzuteilen.

So. Und genau jetzt hats mich. Jetzt kann ich mit dem Fingerzeigen aufhören. Ja. Ich bin daheim. Ein ganzes Jahr. Ein Jahr, in dem ich koche, putze, meiner Tochter hinter her räume, sie bespaße, abends kreidebleich und todmüde ins Bett kippe. Tagsüber meine Madame manchmal ordentlich schimpfe. Weil ich mich ausgelaugt und überfordert fühle. Weil ich seit Monaten nicht mehr als zwei Stunden am Stück, manchmal auch nur 45 Minuten, geschlafen habe.
Und da ist da noch mein Mann. Der sich den Arsch aufreißt, um Zeit mit seiner Tochter zu verbringen, seine fertige Frau zu entlasten und dann noch seine Karriere am Laufen halten muss.
Ich frag mich: Was soll das alles? Wie konnte ich in genau diese spezifische Frauenrolle kippen? Mama. Hausfrau. Und dann nach einem Jahr zurück in den Job. Teilzeit. Ach übrigens - ich bin ja Lehrerin. Haha, was für ein Klischee. Ich könnte kotzen.
Mein Mann weiß das alles. Er ist großartig. Darum unterstützt er mich, wo es nur geht. Mein Mann ist feministischer, als viele meiner Freundinnen. Hört auf, so weibisch zu sein. Seid ein Feminist.
Oh....